23/12/2021 - Informationsschreiben

Die liechtensteinische Stiftung

Diese ATU Info gibt einen Überblick über die zivil-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Aspekte einer liechtensteinischen Stiftung.

Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Red Leafs Tax AG.

Zivil-/gesellschaftsrechtliche Aspekte einer liechtensteinischen Stiftung

Liechtenstein gilt seit Jahrzehnten als einer der besten Plätze für die Verwaltung von Vermögen über Generationen und befindet sich im Herzen Europas. Einer der wichtigen Gründe ist das liberale Gesellschaftsrecht aus dem Jahre 1926. Gerade bei einer Nachfolgeplanung eines Unternehmens ist das Denken in Generationen mit entsprechender zivil- resp. gesellschaftsrechtlicher Sicherheit ein zentrales Element für den Erfolg.

Allgemeine Betrachtungen

Das liechtensteinische Stiftungsrecht unterscheidet zwischen gemeinnützigen und privatnützigen Stiftungen:

  • Eine gemeinnützige Stiftung dient ganz oder überwiegend gemeinnützigen Zwecken.
  • Eine privatnützige Stiftung verfolgt ganz oder überwiegend private (insbesondere familiäre) oder eigennützige Zwecke.

Die Besonderheit der gemischten Stiftungen

Das liechtensteinische Stiftungsrecht ist sehr flexibel ausgestaltet und lässt ausdrücklich neben gemeinnützigen und privatnützigen auch gemischte Familienstiftungen zu. Das sind Stiftungen, die überwiegend den Zweck einer Familienstiftung verfolgen, ergänzend hierzu aber auch gemeinnützigen oder anderen privatnützigen Zwecken dienen. Sie werden dann dem Regime der privatnützigen Stiftungen unterworfen.

Verfolgen Stiftungen neben privatnützigen Zwecken überwiegend gemeinnützige Zwecke, so gelten sie auch als gemischte Stiftungen, unterliegen aber dem Regime der gemeinnützigen Stiftungen und werden somit einer Stiftungsaufsicht unterstellt.

Dieses spezifische Verständnis der gemischten Stiftung eröffnet dem Unternehmer als Stifter (und je nach dem als Begünstigter) interessante Gestaltungsmöglichkeiten, die in dieser Weise nur eine liechtensteinische Stiftung realisieren kann.

Lebzeitige Nachfolgeplanung

Unternehmer möchten den Weiterbestand ihres Unternehmens auch nach ihrem Ableben über Generationen sicherstellen. Das Unternehmen ist in der Regel jedoch stark mit dem bisherigen Unternehmer verknüpft, sodass dieser noch möglichst lange in der Unternehmung aktiv tätig sein möchte. Erfolgreiche Unternehmer verfolgen ergänzend sehr oft philanthropische Anliegen.

Entscheidend ist auch, dass Liechtenstein Mitglied des EWR und dadurch Teil des EU-Binnenmarktes ist und sich dadurch im Anwendungsbereich der Grundfreiheiten der Europäischen Union befindet, namentlich der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit. Diese EU-Grundfreiheiten sind für die zivilrechtliche Anerkennungsfrage der liechtensteinischen Stiftung in der EU von grosser Bedeutung, wobei die Thematik der Anerkennung auch durch die mittlerweile 20 Doppelbesteuerungsabkommen gestärkt wird, welche regelmässig die Stiftungen ausdrücklich anerkennen.

Generell unterliegen Stiftungen in zahlreichen Ländern (so auch in Deutschland) einer starken staatlichen Aufsicht. Dieser Umstand kann die Führung und Verwaltung einer Stiftung erschweren. Auch hier geht Liechtenstein einen liberaleren Weg. Privatnützige Stiftungen unterliegen grundsätzlich nicht der Stiftungsaufsicht. Bei freiwillig der Stiftungsaufsicht unterstellten Stiftungen oder gemeinnützigen, der Stiftungsaufsicht unterstellten Stiftungen, ist kennzeichnend die Mischung aus interner und externer Aufsicht unter Mitwirkung staatlicher und nicht-staatlicher Teilnehmer, unter anderem den (privatrechtlich organisierten) Revisionsstellen, der Stiftungsaufsicht (STIFA) sowie der Steuerverwaltung. Nur bei von der Revisionsstelle festgestellten Beanstandungen über die Zweckverwendung des Vermögens wird die STIFA aktiv. Auch überwiegend privatnützige Stiftungen können sich freiwillig der Revisionsstellenprüfung unterstellen. Die liechtensteinische stiftungsrechtliche Aufsicht ist somit sehr flexibel, trotzdem kann man sie zu Recht als "Qualitäts-Label" des Stiftungsrechtes bezeichnen.

Steuerrecht

Aus deutscher steuerlicher Sicht kann es durchaus sinnvoll sein, sich mit einer liechtensteinischen gemeinnützigen bzw. privatnützigen Stiftung auseinander zu setzen.

Gemeinnützige Stiftung

Die steuerfreie Gründung und Einbringung von Gegenständen in eine liechtensteinische gemeinnützige Stiftung ist in Deutschland im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) geregelt. Damit die Zuwendung steuerfrei ist, müssen folgende zwei Voraussetzungen erfüllt werden:

  • die Zuwendung muss an eine Stiftung in der EU oder im EWR erfolgen und
  • die Stiftung muss nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschliesslich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken dienen, d.h. dass sie steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde.

Privatnützige Stiftung

Die liechtensteinische privatnützige Stiftung unterliegt bei Gründung einer minimalen Gründungsabgabe von mind. CHF 200 in Liechtenstein. Aus deutscher Sicht kann die Gründung der Stiftung der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterliegen.

Die Steuerklasse für die Erbschaft- und Schenkungsteuer richtet sich für die deutsche Familienstiftung nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftung entferntest Berechtigten zu dem Schenker. Für eine liechtensteinische privatnützige Stiftung müsste dies im Sinne der Kapitalverkehrsfreiheit ebenfalls gelten. Inwieweit die Finanzämter sich dem hierzu ergangenen positiven Urteil des Finanzgerichts Hessen (10 K541/17) anschliessen werden, bleibt aber abzuwarten.

Bei der Übertragung von Betriebsvermögen sind bei Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich die Steuerbefreiungen für Betriebsvermögen anwendbar. Bei der unentgeltlichen Übertragung von Anteilen im Sinne des § 17 Abs. Satz 1 EStG (Anteile an Kapitalgesellschaften grösser 1% innerhalb der letzten 5 Jahre) in eine liechtensteinische Stiftung ist zusätzlich die Wegzugsbesteuerung zu beachten.

Sollte kein steuerbefreites Betriebsvermögen oder anderes Vermögen vorliegen, löst die Einbringung grundsätzlich die Erbschaft- und Schenkungsteuer aus. Es gibt jedoch zahlreiche Möglichkeiten, diese zu reduzieren oder bestenfalls ganz zu vermeiden. Man denke beispielsweise an die Übertragung unter Niessbrauch u.ä.

Die deutsche Familienstiftung unterliegt in Deutschland alle 30 Jahre der sog. Erbersatzsteuer. Der Erbfall wird somit alle 30 Jahre simuliert. Dieser erhebliche Liquiditätsnachteil – gerade in Zeiten geringer Erträge – ist nur auf deutsche Familienstiftungen, nicht aber auf eine liechtensteinische Stiftung anwendbar.

Die laufende Besteuerung einer liechtensteinischen privatnützigen Familienstiftung erfolgt entweder im Rahmen der sog. Privatvermögensstruktur oder im Rahmen der ordentlichen Besteuerung. Hält die Stiftung ausschliesslich ausländisches Betriebsvermögen bzw. Anteile an Kapitalvermögen, kommt es nur zu einer Mindestertragssteuer von derzeit CHF 1'800. Damit die laufenden Erträge der Stiftung nicht in Deutschland hinzugerechnet werden, muss der Stifter sich von seinem Vermögen rechtlich und tatsächlich trennen. Nur so lässt sich dauerhaft der Schutz des Vermögens erreichen.

Zuwendungen an den Stifter bzw. an die deutschen Begünstigten unterliegen den Einkünften aus Kapitalvermögen. Ausschüttungen unterliegen der pauschalen Abgeltungssteuer in Höhe von 25% zzgl. Solidaritätszuschlag unabhängig vom jeweiligen persönlichen Steuersatz. Nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen die Rückzahlung der in das Nennkapital der Stiftung geleistete Einlagen und Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto.

Für den Stifter bzw. die Begünstigten unterliegen bei der Stiftungsauflösung die Leistungen den Einkünften aus Kapitalvermögen, die zur Abgeltungssteuer in Höhe von 26,375% (inkl. Solidaritätszuschlag) führen, es sei denn, dass es sich um die Rückzahlung von Kapital bzw. der Rückzahlung aus dem steuerlichem Einlagekonto handelt.

Was bei Aufhebung der Stiftung erworben wird, kann zudem als Schenkung gelten. Das oben genannte Steuerklassenprivileg gilt analog. Es sind durchaus Fälle möglich, in denen es bei der Liquidation zu einer Doppelbesteuerung mit Einkommensteuer und Erbschaft- und Schenkungsteuer kommen kann, wenn dies nicht richtig geplant und strukturiert wurde.

Konklusion

Die liechtensteinische Stiftung stellt ein mögliches Instrument dar, um den unterschiedlichsten Absichten und Wünschen eines Unternehmers bei "seiner" Nachfolgeplanung gerecht zu werden. Der Unternehmer kann –  je nach seinen Vorstellungen und Präferenzen – bei der Unternehmensnachfolge die privatnützigen Zwecke (wie Ausschüttung von Gewinnanteilen an seine Familienangehörigen, etc.) oder die gemeinnützigen Zwecke in beliebigem Verhältnis festlegen. Mittels der Stiftungslösung bleibt das Unternehmen in seiner Substanz weiterhin unangetastet und kann so über Generationen erhalten und im Sinne des Unternehmers weitergeführt werden.

Für weitere Auskünfte stehen Ihnen die Autoren dieses Artikels, Dr. iur. Jürg Brinkmann LL.M. beim Allgemeinen Treuunternehmen und Franz Wegscheider bei der Red Leafs Tax AG oder Ihr Kundberater/Ihre Kundenberaterin gerne zur Verfügung.

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