12.10.2021 - Informationsschreiben

Sitzverlegung resp. Wohnsitzwechsel ins Fürstentum Liechtenstein

In der Ausgabe 3/2021 des Magazins PRIVATE finden Sie einen informativen Artikel zum Thema "Sitzverlegung resp. Wohnsitzwechsel ins Fürstentum Liechtenstein".

Sowohl natürliche wie auch juristische Personen können in Liechtenstein Wohnsitz resp. Sitz nehmen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den sehr liberalen Regelungen der Sitzverlegung juristischer Personen nach Liechtenstein und den eher restriktiven Regelungen beim Zuzug natürlicher Personen.

Eine juristische Person im Ausland kann aufgrund der liberalen Gesetzgebung in Liechtenstein grundsätzlich ihren Sitz in Liechtenstein nehmen. Dies bedarf der Genehmigung des Amtes für Justiz sowie der Eintragung ins Handelsregister. So ist es ohne Auflösung im Ausland und Neugründung im Inland möglich, den Sitz einer juristischen Person nach Liechtenstein zu verlegen. Welche einzelnen Punkte für juristische Personen zu beachten sind, wurde im Rahmen eines Merkblattes festgehalten (https://www.llv.li/files/onlineschalter/Dokument-90.pdf). Neben juristischen Personen können aber auch Trusts eine "Quasi-Sitzverlegung" vornehmen, dies durch einen Trusteewechsel, gegebenenfalls ergänzt durch die Abänderung des anwendbaren Rechts.

Liechtenstein ist mit nur 160km2 der viertkleinste Staat Europas und liegt im Zentrum des europäischen Alpenbogens zwischen der Schweiz und Österreich. Weltweit ist Liechtenstein der sechstkleinste Staat. Was kann ein Land mit solch einer Grösse dennoch bieten?

1. Liechtenstein ist ein breit diversifizierter Wirtschaftsstandort mit stabilem Industrie- und Finanzsektor

  • Zollunion mit der Schweiz und dem Schweizer Franken als Währung
  • Freier Marktzugang in alle Länder der EU und des EWR (Mitglied seit 1995)
  • Stabile Sozial-, Rechts- und Wirtschaftsordnung

2. Der liechtensteinische Finanzplatz ist professionell, innovativ und international anerkannt

  • Fast 100-jährige Erfahrung im Stiftungs- und Trustrecht sowie hohe Kompetenz der Dienstleister
  • Strikte Einhaltung aller gängigen internationalen regulatorischen Bestimmungen
  • Innovative Lösungsansätze (Blockchain-Gesetz seit 1.1.2020), Fondsgesetzgebung (AIFM)

3. Liechtenstein setzt auf Stabilität und Rechtssicherheit

  • Politische Kontinuität und Stabilität (nicht zuletzt durch das Fürstenhaus)
  • Keine Staatsverschuldung (auch nicht in der Corona-Pandemie) und regelmässiges AAA-Länderrating von Moody's und Standard & Poor's
  • Liberales und flexibles Gesellschaftsrecht und modernes EU/OECD konformes Steuerrecht
  • Umsetzung 5. Geldwäschereirichtlinie, Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen VwbP
  • «Early Adopter» Automatischer Informationsaustausch (AIA) sowie Teilnahme FATCA
  • Über 20 Doppelbesteuerungsabkommen

4. Wealth Preservation mit liechtensteinischen Stiftungen und Trusts

  • Vorteilhaftes Zivilprozessrecht sowie kurze Anfechtungs- und Verjährungsfristen
  • Grundsätzlich keine Vollstreckung von ausländischen Urteilen in Liechtenstein (kein Mitgliedstaat des Lugano-Übereinkommens)
  • Schutz und Wahrung der Diskretion

5. Steuerliche Aspekte einer Sitzverlegung nach Liechtenstein

Liechtenstein hat rechtzeitig mit der Einführung des neuen Steuergesetzes (1.1.2011) erkannt, dass die Umsetzung von internationalen Standards ein Wettbewerbsvorteil mit entsprechendem Kundennutzen darstellt.

Neben FATCA und CRS, die hinlänglich bekannt sind, hat die OECD im Jahre 2013 das BEPS ("Base Erosion and Profit Shifting")-Massnahmenpaket mit 15 Aktionspunkten präsentiert. Als Ausfluss des Aktionspunktes 12 hat die EU 2018 die DAC6-Richtlinie erlassen, welche Meldepflichten für potentiell aggressive Steuerplanungen bei EU-grenzüberschreitendem Sachverhalt vorsieht. Seit 2017 ist zudem der Druck der EU mittels einer schwarzen und grauen Liste auf Drittstaaten gewachsen. Liechtenstein hat entsprechend reagiert und per Steuerjahr 2019 entsprechende steuerliche Anti-Missbrauchsbestimmungen (betreffend Steuerbefreiung von Beteiligungserträgen und –gewinnen) eingeführt. Niedrig oder nicht besteuerte Offshore- Zentren, wie beispielsweise die Bahamas, Bermuda, BVI, Cayman Islands, Guernsey, Isle of Man und Jersey mussten ebenfalls auf 2019, um das "Blacklisting" zu vermeiden, entsprechende Substanzerfordernisse einführen. Kann keine entsprechende genügende Substanz nachgewiesen werden, droht diesen Offshore-Gesellschaften Bussen, ein erweiterter Informationsaustausch oder gar die Löschung.

Eine Möglichkeit, um diese steuerlichen Einschränkungen resp. Verschärfungen bei den Offshore-Jurisdiktionen zu vermeiden, ist die Sitzverlegung der entsprechenden Gesellschaft nach Liechtenstein.

5.1. Liechtensteinische Anti-Missbrauchsbestimmungen – Offshore-Substanzanforderungen

Wie bereits angetönt, hat Liechtenstein aufgrund des Druckes der EU das Steuergesetz entsprechend anpassen müssen. Liechtenstein hat deshalb sog. Anti-Missbrauchsbestimmungen eingeführt. Diese greifen nun nach der Übergangszeit von drei Jahren auch für bestehende Strukturen ab 2022. Bis anhin waren Dividenden und Kapitalgewinne steuerfrei (unabhängig von der Beteiligungshöhe und Haltedauer). Erhält nun aber zum Beispiel eine liechtensteinische Stiftung eine Dividende aus einer ausländischen juristischen Person, so kann diese Dividende resp. dieser Kapitalgewinn mit 12.5% besteuert werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen der Anti-Missbrauchsbestimmungen erfüllt sind. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Gesamtertrag der Beteiligung nachhaltig überwiegend aus passiven Einkünften (v.a. Zinsen, Lizenzen, etc.) besteht und der Reingewinn einer niedrigen Besteuerung (grundsätzlich kleiner als 6.25%) unterliegt. Die Niedrigbesteuerung ist bei klassischen Offshore-Gesellschaften grundsätzlich immer gegeben.

Da diese Anti-Missbrauchsbestimmungen nur auf ausländische Gesellschaften (resp. Strukturen) zielen, käme es zu keiner Besteuerung der Dividenden oder Kapitalgewinne, wenn die Offshore-Gesellschaft noch dieses Jahr ihren statutarischen Sitz oder ihren Verwaltungssitz nach Liechtenstein verlegen würde. In der Regel würde die liechtensteinische Gesellschaft in der Folge nur mit der Minimalertragssteuer von CHF 1'800 besteuert, da Dividenden und Kapitalgewinne steuerfrei bleiben und auch sonstige Einkünfte (wie v.a. Zinsen) aufgrund des Eigenkapitalzinsabzuges bis 4% nicht besteuert werden.

Kann oder will man die oben erwähnten Substanzanforderungen (wie Personal, Infrastruktur, etc.) in den Offshore-Jurisdiktionen nicht erfüllen, so kann auch in diesem Falle die Sitzverlegung nach Liechtenstein eine gute Alternative darstellen. Bei der nachfolgenden Darstellung von Steuerfolgen wird von der Sitzverlegung des rechtlichen Sitzes (und nicht nur des Verwaltungssitzes) ausgegangen.

5.2. Ertragssteuern

Generell ist festzuhalten, dass entweder nur der statutarische Sitz oder nur der Verwaltungssitz (d.h. der Ort der tatsächlichen Verwaltung) nach Liechtenstein verlegt werden kann, um in Liechtenstein unbeschränkt steuerpflichtig zu werden. Idealerweise werden beide Sitze nach Liechtenstein verlegt, um eine mögliche Doppelbesteuerung (wegen Offshore-Nullbesteuerung wohl nicht gegeben) resp. die Anwendung von weiteren rechtlichen oder steuerrechtlichen Bestimmungen in der Offshore-Jurisdiktion, zu vermeiden.

Grundsätzlich gelten bei einer Sitzverlegung die Vermögenswerte als zum Fremdverkehrswert erworben. Steuerlich ist deshalb ein entsprechender "Step-up" möglich. Somit werden im Nachgang nur in Liechtenstein erzielte Wertsteigerungen steuerbar resp. es bestehen allfällige Abschreibungsmöglichkeiten. Um die entsprechenden Voraussetzungen rechtsgenügend erbringen zu können, empfiehlt sich bei einer Sitzverlegung aus einem Offshore-Staat, ein Steuerruling mit der liechtensteinischen Steuerverwaltung einzuholen.

5.3. Weitere Steuern

Grundsätzlich unterliegt die Sitzverlegung weder der Emissions- noch der spezifischen liechtensteinischen Gründungsabgabe. Wie immer gilt natürlich der Steuerumgehungstatbestand. Nur am Rande sei hier vermerkt, dass generell die Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital aktuell zur Diskussion steht.

Die Sitzverlegung selber führt zu keinen Umsatzabgabefolgen. Jedoch kann die liechtensteinische Gesellschaft selber zur Effektenhändlerin werden, wenn ihre Aktiven zu mehr als CHF 10 Millionen aus steuerbaren Urkunden bestehen.

Auch zeitigt die Sitzverlegung grundsätzlich keine direkten Mehrwertsteuerfolgen, jedoch fällt die Gesellschaft mit Ansässigkeit in Liechtenstein unter die entsprechenden mehrwertsteuerlichen Bestimmungen (wie z.B. die Bezugsteuer auf dem Bezug von gewissen Leistungen aus dem Ausland).

5.4. Privatvermögensstruktur (PVS) resp. liechtensteinischer Trust

Will man den ausländischen Sitz in der Offshore-Jurisdiktion beibehalten und das Risiko der Anwendbarkeit der Anti-Missbrauchsbestimmungen vermeiden, so bieten sich in Liechtenstein die Struktur als PVS oder der Trust (Settlement) an. Sowohl die PVS als auch der Trust unterliegen in jedem Falle lediglich der Mindestertragssteuer von CHF 1'800 p.a. Zu beachten ist aber, dass die PVS strengen Regelungen untersteht, so darf sie keinerlei wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Unter anderem darf die PVS z.B. keine Darlehen (verzinslich oder unverzinslich) an Beteiligungen oder Schwestergesellschaften vergeben. Diese müssten somit vorgängig eliminiert werden. Die Stiftung resp. deren Begünstigte dürfen grundsätzlich auch keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Beteiligung ausüben, ausser die Beteiligung qualifiziert selber für den PVS-Status. Damit der PVS-Status ab 2022 wirksam ist, müsste er noch in diesem Jahre beantragt werden.

Liechtenstein wird den oben dargestellten internationalen Anforderungen auch in Zukunft gerecht werden und bietet dank starker Standortvorteile eine hervorragende Alternative. Dabei ist das Land regelmässig in engem Kontakt mit der EU sowie der OECD und setzt deren Vorgaben entsprechend zielgerichtet um.

Mit der Sitzverlegung einer juristischen Person nach Liechtenstein im Rahmen eines Onshorings kann den geschilderten Herausforderungen auf eine effiziente Art und Weise begegnet werden und garantiert einen attraktiven Unternehmensstandort, welcher den spezifischen liechtensteinischen Bedürfnissen Rechnung trägt.

6. Aspekte der Wohnsitzverlegung nach Liechtenstein

Nebst einem attraktiven Unternehmensstandort ist Liechtenstein auch ein beliebter Wohn- und Arbeitsort. Dies wegen der hohen Lebensqualität, der vergleichsweise tiefen Steuerbelastung sowie wegen guten Arbeitsmöglichkeiten für Fachkräfte. Trotz der EWR-Mitgliedschaft wird die Wohnsitznahme in Liechtenstein restriktiv gehandhabt und nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ermöglicht. Liechtenstein unterscheidet bei der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen zwischen einer Bewilligung für die Wohnsitznahme zur Erwerbstätigkeit sowie einer Bewilligung für die Wohnsitznahme ohne Erwerbstätigkeit. Die Aufenthaltsbewilligungen werden durch das Ausländer- und Passamt oder durch die Landesregierung vergeben. Ob eine aufenthaltswillige Person die Voraussetzungen erfüllt, muss jeweils individuell geprüft werden.

Wie die Schweiz kennt auch Liechtenstein das System der Pauschalbesteuerung resp. Besteuerung nach dem Aufwand. Ähnlich attraktiv ausgestaltet wie in der Schweiz bildet dieses System für Personen ohne Erwerbstätigkeit (im Inland) eine Option, die den Bedürfnissen einer aufenthaltswilligen Person optimal entgegenkommt.

Für weitere Auskünfte stehen Ihnen die Autoren dieses Artikels, Kirsten Foser LL.M. und Dr. iur. Jürg Brinkmann LL.M. oder Ihr Kundberater/Ihre Kundenberaterin gerne zur Verfügung.

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